So cool kann Herzschmerz sein

Ich liebe Musik. Und ich mag Menschen, die Musik mögen. Wenn Leute sich dann noch richtig ins Zeug legen, um eigene Musik machen, finde ich das einfach nur schön. Unser Freund Matt ist so ein Mensch. Am Samstagabend wagte sich Mathieu Holubowski mit seinen selbst geschriebenen Songs zum ersten Mal so richtig an die Öffentlichkeit. Und im Château du Lac tanzte der Bär.

Das Château du Lac liegt an der Hauptstraße von Hudson und war nicht immer eine Kneipe. Früher residierten dort betuchte Sommerfrischler, die ein Wochenende am Lac des deux Montagnes verbringen wollten. Irgendwann wurde eine Bierkneipe daraus. Einer der Besitzer war eine liebevoller alter Bär namens Phil. Als Phil noch Flugkapitän war, setzte er sich nach seinen Reisen oft an die Bar des Château du Lac und erzählte den Mädels und Jungs vom Dorf Geschichten aus der großen, weiten Welt.

Der Flugkapitän, der seine Stammkneipe aufkaufte

Vor etlichen Jahren ging Phil in Rente. Und war jetzt noch häufiger als früher im „Chat“ anzutreffen. Dann tat er etwas sehr Konsequentes: Er kaufte seine eigene Stammkneipe auf. Einfach so. Jetzt saß er nicht mehr im Cockpit seiner Air Canada-Maschine, sondern zapfte hinterm Tresen Bier für die Hudsoner. Er selbst war auch kein Kostverächter und somit ein guter Gast in seiner Kneipe. Aber als Flugkapitän hatte er auch gelernt, was Verantwortung heißt. Niemals würde der alte Phil sich ans Steuer seines Autos setzen, wenn er mal wieder ein paar Getränke seiner Wahl intus hatte. Also transportierte er stets ein Kanu auf dem Dach seines Hyundai. Hatte er dann tatsächlich mal einen leichten in der Krone, schleppte er das Boot kurzerhand zum nahe gelegenen See-Ufer und paddelte nach Hause. Phil wohnte nur ein paar Kilometer seeaufwärts. Motto: „Don’t drink and drive. Drink and paddle!“

Ich weiß nicht, ob Phil noch immer Besitzer seiner Stammkneipe ist, gesehen habe ich ihn schon länger nicht mehr. Aber ich weiß, dass er, zusammen mit seinem Sohn Rob, dem Château du Lac eine Leichtigkeit eingehaucht hat, von dem Leute wie unser Freund Matt jetzt profitieren.

Heute noch Vorspiel, morgen der Hauptakt: Matt geht seinen Weg

Mathieu Holubowski war am Samstag nicht der Hauptakt, er war quasi die Ein-Mann-Vorgruppe. Der Hauptakt war eine lokale Band, die sich „Happenstance“ nennt und am Samstag ihre erste CD vorgestellt hat. Nicht schlecht, die Musik, die sie gemacht haben. Aber ganz ehrlich? Ich fand Matts Show schöner.

Liebe und Schmerz können so cool sein

Vielleicht weil er unser Freund ist. Vielleicht aber auch, weil er mit seinen 24 Jahren den Mumm hatte, vor der versammelten Dorfjugend von Liebe und Schmerz zu singen, wo das doch eher als uncool gilt. Was Matt singt, klingt ein bisschen nach James Blunt, aber auch ein wenig nach Anthony and the Johnsons. Am meisten aber klingt es nach Mathieu Holubowski. Matts Stimme: Großartig. Sein Gitarrenspiel: Erste Sahne. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass er bei uns im Wintergarten saß und stundenlang seine ersten Akkorde übte.

Wiegesagt: Am Samstag war Matt noch das Vorspiel zum Hauptakt. Wetten, dass er schon bald seine eigene Vorgruppe hat? Als Mathieu vor vollem Haus seine Songs zum Besten gab, war auch seine eigene Version von „Leaving on a Jetplane“ dabei. Eher unwahrscheinlich, dass Matt dabei an den alten Flugkapitän dachte, als er den Song schrieb. Aber es passte irgendwie zusammen. Und erst recht der Schluss: „… leaving on a jetplane … and … I WILL BE BACK AGAIN“.

Bonne chance, Mathieu! Way to go!

Besuch beim Onkel in Kanada

Besucher waren bei uns schon immer ein Thema für sich. Wer in einer Stadt wie Montréal lebt, muss sich über mangelnde Gäste nie beklagen. Manchmal wird es den Gastgebern zu viel. Es gab Zeiten, da musste das „Hotel Bopp“ wegen Überfüllung geschlossen werden. Jetzt hatten wir wieder einen Besucher. Den hätten wir gerne adoptiert.

„Besucher sind wie Fische“, sagte mein Freund Michael manchmal, als er noch in München wohnte. „Nach drei Tagen fangen sie an zu stinken“. Michael muss es wissen. Er ist Fischer. In seinem Haus in München türmten sich ständig die Gäste. Aber nach faulem Fisch hat es nie gerochen. Vermutlich ist keiner länger als drei Tage geblieben.

„Hotel Bopp“ bis auf weiteres geschlossen

Es gab ein Jahr, da hatten wir zwischen April und Oktober eine Woche lang KEINEN Besuch. Der Rest war belegt. Inzwischen bin ich vorsichtiger geworden, ehe ich Einladungen ausspreche. Schließlich leben wir nicht nur in diesem Haus. Wir arbeiten auch hier. Essen, trinken, arbeiten und Gäste bewirten – ein schwer verdaulicher Partymix.

Kleines Gepäck - große Freude

Seitdem wir mit Einladungen selektiver vorgehen, genießen wir Besucher wieder mehr. Eben war mein Neffe aus Wien für drei Tage hier. Auf dem Rückweg von einer Geschäftsbesprechung in Chikago machte er noch einen kleinen Abstecher beim Onkel in Kanada. Solche Besucher liebe ich: Er erwartet kein ausgedrucktes Besucherprogramm, besorgt sich die Biermarke seines Herzens selbst und ist ein aufmerksamer, liebevoller Gast. Interessant und interessiert. Er muss das Gute-Gäste-Einmaleins von der großen Schwester abgeschaut haben. Auch sie beherscht es aus dem Effeff und hatte, nebst Anhang, den Besucher-Sommer 2011 mit großem Erfolg eingeläutet.

Plözlich lernst du deine Stadt neu kennen

Das schönste an solchen Besuchern: Du lernst die Stadt, in der du lebst, aus einer völlig neuen Sichtweise kennen. Plötzlich findest du die Kellnerinnen nicht mehr ganz so unaufmerksam und die Montréaler Hinterhöfe nicht mehr gar so schmuddelig. Wenn du einen Gast hast, der viel in der Welt unterwegs ist, relativiert sich selbst der letzte Dreck.

Am schlimmsten sind die „been-there-done-that„-Besucher. Du zeigst ihnen die Stadt, die du liebst, schleifst sie in deine Stammkneipe und bist stolz wie Oskar, so eine Metropole wie Montréal vorführen zu dürfen. Wenn du dich dann aber bei jedem Spaziergang gegen Vergleiche mit anderen Urlaubszielen wappnen musst („Den Hafen von Barcelona, DEN solltest du mal sehen!“ – „Wolkenkratzer? Dubai! Ich sage nur Dubai!“), ist das nicht nur anstrengend, sondern auch richtig nervig. Und irgendwo auch ein bisschen traurig. Das hat meine Stadt nicht verdient.

Und wenn dein Besucher dann, Blick nach unten gerichtet, völlig unenthusiastisch hinter dir her trottet, nachdem du ihm gerade den höchsten Wolkenkratzer deiner Stadt vorgeführt hast, dann reicht’s irgendwann. Am härtesten brachte es ein Besucher vom Bodensee. Kurz vor dem Höhepunkt der mehrstündigen Bopp’schen Sightseeing-Tour durch Montréal meinte der Gast aus Schwaben: „Asphalt trätta kanne dohoim au.“ Bei so einem Kommentar würdest du ihm gerne die Visitenkarte des Hotels an der Ecke in die Hand drücken – und dann mal tschüss. Bei unserem jüngsten Besuch aus Wien war das alles andere. Er kennt die schönsten Metropolen der Welt, isst gerne fein und gut. Und findet Montréal immer noch klasse.

Danke, mein Neffe! Können wir dich adoptieren?

Wir krempeln unser Leben um

Der Luxus des Alters: Kind aus dem Haus und gut versorgt. Wir haben die Wahl: Bleibt alles wie’s war? Satteln wir die Harley und lassen es noch einmal richtig krachen? Oder machen wir künftig einen auf klein, aber fein? Wir haben uns für diese Variante entschieden. Unser Haus im Grünen steht nach 24 Jahren zum Verkauf. Wir ziehen in die Stadt. Landleben gegen Loft. Nur: Wie erklären wir unseren Freunden, dass „downsizen“ nichts mit „verarmen“ zu tun hat?

„Brauchst du Geld?“ Diese Frage höre ich in letzter Zeit öfter. Gut gemeint, aber gewöhnungsbedürftig, wenn man als 62-Jähriger mit einem gelebten Leben gefragt wird, ob man ihm ein paar Taler zuschieben soll. Die Wahrheit ist: Danke, uns geht es gut. Die Entscheidung, unser Traumhaus nach 24 Jahren zu verkaufen und dafür in ein schickes Fabrikloft im Montréaler Stadtteil St. Henri zu ziehen, treffen wir nicht aus Geldnot. Wir wollen unser Leben verändern.

Gut gelebt und viel gefeiert: Wir haben uns den Traum vom eigenen Haus erfüllt

Margas 90. Geburtstag

Jeder Traum geht irgendwann zu Ende. Und ein Traum war es für uns damals, ein eigenes Haus mit einem großen Garten zu besitzen. Diesen Traum haben wir uns vor 24 Jahren erfüllt. Das Haus hat jede Menge Zimmer, eine Einliegerwohnung, einen Wintergarten, eine überdachte Frühstücksterrasse, vier Bäder und eine Sauna mit Whirlpool. Der Garten: 4000 qm mit Wald, Wiese und einem kleinen Teich. Hier haben wir gearbeitet, ein Kind großgezogen, dazu zwei Katzen und einen Hund. Wir haben Freunde empfangen, Zauber-Abende und Jam-Sessions veranstaltet. Und ein Gartenfest zum 90. Geburtstag unserer Freundin Marga ausgerichtet, vom dem noch heute das halbe Dorf spricht. Vor allem aber haben wir hier gelebt. Gut gelebt.

Palma, wir kommen!

Und weil wir auch künftig gerne gut leben möchten, ohne die Arbeit und Verantwortung, die so ein großes Haus mit sich bringt, verkleinern wir uns. Mit einer pflegeleichten Stadtwohnung – Tür zu, Schlüssel umdrehen und weg – können wir noch mehr reisen als bisher. Vielleicht auch mal für fünf, sechs Monate in einem anderen Land leben und trotzdem noch arbeiten. Das Internet macht’s möglich. Drei Generalproben verliefen wunderbar: In einer schnuckeligen Wohnung in der Altstadt von Palma de Mallorca haben wir uns jetzt schon mehrfach im Winter einquartiert. Von minus 20 Grad in Montréal ins plus 20 Grad warme Mallorca – ein Traum. Der Blick beim Frühstück auf die Plaza de la Reina, hinüber zur Kathedrale, hinunter zum Meer – Wahnsinn! Life is beautiful.

Das ist die Stunde der Schaulustigen: Mal kucken, wie die Nachbarn leben

Doch Veränderungen können anstrengend sein. Unser Haus wird seit zweieinhalb Monaten von einem Makler gelistet. Das Interesse ist groß. Aber, wie das so ist in Kanada: Es kommen viele Sehleute, die immer schon gerne gewusst hätten, wie der Korrespondent und seine Künstlergattin so leben. Das ist die Stunde der Schaulustigen. Und weil wir nicht gerne Zeuge dieser „showings“ sind und zu jedem Riss im Fensterkitt eine Erklärung abgeben möchten, verlassen wir eben unser Haus, wie es hier so üblich ist, wenn der Makler mal wieder mit Interessenten an der Tür steht. Aber: wohin nur? Meine Kreditkarte glüht. Im Kino reden Sie mich beim Vornamen an und unser Lieblings-Thailänder möchte uns gerne adoptieren. Das sind so die Dinge, mit denen wir uns in letzter Zeit herumschlagen.

Richtige Probleme sehen anders aus. Aber es gibt sie: Wohin mit den Möbeln aus einem Haus, wenn die künftige Bleibe aus einem großen Raum mit einem Badezimmer-Würfel in der Mitte besteht? Was nehmen wir mit, was geht zur Heilsarmee, was kommt in die Blockhütte? Und überhaupt: Was ist mit dem Klavier? Interessenten gibt es jede Menge dafür. Nur: Ich will nicht jedes Mal wehmütig an Musikabende denken müssen, wenn ich künftig Freunde besuche.

Raus aus dem Grünen, rein in die Stadt:  Eine Achterbahn der Gefühle

Neulich habe ich gelesen, dass Immobilienmakler jetzt immer häufiger Psychologiekurse belegen. Ich weiß jetzt warum. Offensichtlich sind wir nicht allein, wenn uns die Emotionen manchmal überwältigen. So ein Hausverkauf kann einem ganz schön die Seele durch den Fleischwolf drehen. Und trotzdem steht die Entscheidung fest: Raus aus dem Grünen, rein in die Großstadt. Das Laub, das sich im Herbst kniehoch auf unserem Grundstück stapelt, sollen künftig andere wegräumen. Und auch der Schneepflug, der die Einfahrt freischaufelt, geht schon bald nicht mehr auf unsere Rechnung. An Bewegung wird es mir hoffentlich trotzdem nicht mangeln: Mein Fitnessbedarf wird künftig im Pool der Dachterrasse abgedeckt, der zum Fabrikloft gehört, oder, wenn’s dann schon sein muss, auch in der Muckibude, gleich neben dem Yoga-Raum.

Und doch kommen sie jetzt immer öfter, die nostalgischen Momente, wenn mal wieder ein potenzieller Käufer vor unserer Haustür steht. „Es sind doch nur ein paar Wände mit einem Dach drüber“, tröstet mich Lore, wenn ich mal wieder wehmütig an den Verkauf denke. Stimmt. Aber genau diese Wände mit dem Dach drüber waren es, die aus unserem Haus ein Heim gemacht haben.

Alles wegen George Clooney

Es wird wieder mal geschossen in unserem Dorf. Ein Film. Ich vermute es wenigstens, denn vorhin, auf dem Rückweg vom Liquor Store, ist mir eines dieser gelb-schwarzen Hinweisschilder begegnet, die Schauspieler, Komparsen, Fahrer und anderes Hilfspersonal in die richtige Richtung weisen. Wer lange genug hier lebt, kennt das schon: Erst die „To Set„-Plakate für die Filmschaffenden. Dann die Parkverbotsschilder für den Rest der Welt. Wenn dann endlich die Wohnwagen-Karawane durch den Ort rollt und auf irgend einer Wiese das Filmcamp mit Küche, Garderobe, Schminktrailer und Ruhesalons für die Schauspielerinnen aufgeschlagen wird, kann es sich nur noch um Jahre handeln, bis der Film im Kino zu sehen ist.

Wie im Kino: Robert de Niro im Fluchtbus

Filmreif: Parken verboten. Wieder mal.

Hudson ist auf der Leinwand dann oft nicht mehr wiederzuerkennen: Ein idyllisches Fischerdorf an der Ostküste (Lake of Two Mountains wird plötzlich zum Meer). Ein gottverlassener Ort im Mittleren Westen (jede Menge Acker und Viehzucht). Oder auch ein nobler Ferienort für Heiratsschwindler oder Bankräuber (verwegene Verfolgungsjagd auf der Main Road). Alles schon mal dagewesen. In einem Film schafft es Robert de Niro gerade noch, mit seinem Fluchtbus auf die Fähre zu hüpfen, mit der wir regelmäßig den Lake of Two Mountains überqueren, wenn wir zur Blockhütte fahren. Komisch. Das haben wir noch nie fertiggebracht. Dass Hudson als Drehort für Hollywoodfilme so beliebt ist, hat mehrere Gründe. Einer davon ist natürlich die zauberhafte Kulisse. Der andere: Es ist wegen der Versicherungs- und Lebenshaltungskosten kostengünstiger, hier zu drehen, als in Montana, Massachusetts oder Beverly Hills. Außerdem sind hier die Menschen einfach netter. Behaupte ich mal.

Eine Villa mit Helikotper für John Travolta

Häuschen für John

In unser kleines Dorf kommen also hin und wieder richtig große Stars. Vor einiger Zeit war John Travolta hier. Und weil er kein passendes Mietobjekt finden konnte, wo er während des zwei Monate dauernden Shootings wohnen mochte, kaufte er sich gleich eine komplette Villa, mit Helikopter-Landeplatz und einer privaten Zufahrtstraße, die bei Tag und Nacht von großen Männern mit kleinen Knöpfen in den Ohren bewacht wurde. Seine eigene Boeing 747 hatte er derweil im VIP-Hangar unweit des Montréaler Flughafens geparkt. Auch Nick Nolte war hier und musste zusehen, wie sein kleines Farmhaus in Flammen aufging. (Seltsam: Ich fahre laufend daran vorbei und es steht noch). Die Villa, in der Bette Midler für ein Film-Musical domizilierte, steht übrigens zurzeit zum Verkauf.

Kein „Happy Birthday“ mit George Clooney

Sushi für George

Der Tag, an dem George Clooney in unserem Dorf auftauchte, war ein Dienstag. Nach den Dreharbeiten kam er zum Speisen in ein hübsches Landgasthaus am Ufer des „Lake of Two Mountains“. Dort feiern wir seit vielen Jahren Lores Geburtstag. Als Stammgäste ist uns stets ein Fensterplatz mit Blick auf den See sicher. Das war auch an diesem Abend nicht anders. Abgesehen davon blieb an dem Tag, als Hollywood nach Hudson kam, nichts, wie es war. Als wir den Speisesaal betraten, war gerade die Sonne hinter den beiden Hügeln untergegangen. Das Restaurant war an diesem Abend menschenleer. Sieht man einmal von unserer kleinen Geburtstagsgesellschaft ab.

Im Schlepptau: Drei schnatternde Hühner

Tatort Restaurant: George was here!

Unsere Bestellung: „Einmal Sushi, bitte!“ – „Geht heute leider nicht“, beschied die gestrenge Frau. Der Sushi-Chef habe seinen freien Tag. Dann eben die Dorade für Madame, Prime Rib für den Sohnemann. Und Pasta für Papa. Zwischen Suppe und Hauptspeise geht die Tür auf. Herein kommt ein sichtlich abgekämpfter Mann mit drei schnatternden Görlies im Schlepptau. Irgendwie kleiner sieht er aus als im Film, der Herr aus Hollywood, fast schmächtig. Aber ein Strahlemann wie aus dem Kino. Und diese Augen! Ein höfliches Nicken in unsere kleine Runde, dann gibt er die Bestellung auf. Salate für die Girls, Sushi für den Herrn. Wasser für Alle. Habe ich richtig gehört: Sushi? Sushi!!! Die gestrenge Geschäftsführerin greift zum Telefon. „Sushi-Chef kommt gleich, Mr. Clooney!“

Vergessen und vergeben: Nicht nachtragend sein!

Wieder versöhnt: Unser Lokal mit Seeblick

Der Sushi-Meister kommt, George Clooney bleibt. Wir sind leicht angesäuert und auch ein bisschen gekränkt. Lores Geburtstag haben wir dort seit dem Sushi-Debakel nicht mehr gefeiert. Schon beleidigt. Bleibende Schäden hat der Abend bei uns trotzdem nicht hinterlassen. Während seiner Studentenzeit jobbte unser Bub später fünf wunderbare Sommer lang als Kellner in besagtem Seerestaurant. Und auch wir haben uns längst wieder mit dem Tatort versöhnt. Erst neulich waren wir wieder mit liebem Besuch aus dem Allgäu dort. Herrlich. Auch ohne George.

Und natürlich musste ich unbedingt den Film sehen, der uns George Clooney damals in Hudson bescherte. In „Confessions of a Dangerous Mind“ treten neben Clooney übrigens noch Sam Rockwell, Drew Barrymore und Julia Roberts auf.

Ich finde, George hat schon besser gespielt.

>>>   Filme, die in Montréal und Umgebung gedreht wurden   <<<

Wassernot: Willkommen in der Wüste!

Verbotsschild: Nicht schießen!

Schon in der Schule habe ich gelernt: Kanada hat die größten Süßwasservorräte der Welt. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Mit fast 23tausend Kubikmetern Wasservolumen enthalten allein schon die Großen Seen am kanadisch-amerikanischen Grenzgebiet gut 22 Prozent des Frischwasserbestandes der Welt. Umso mehr überrascht es, dass hier dauernd von „Wasserknappheit“ die Rede ist. Ich vermute mal, das hat weniger mit den Ressourcen zu tun und mehr mit der Verwaltung und Verteilung des Wassers. Mit der Administration also. Das erste, das Besucher zurzeit sehen, wenn sie auf unseren kleinen Ort in der Nähe von Montréal zufahren, ist ein mannshohes Schild: „Gießen bis auf weiteres verboten!“ Es sieht gefährlich aus und zeigt eine Hand am Drücker. Bei Strafandrohung dürfen also Rasenflächen nicht mehr gewässert und Blumen nicht mehr gegossen werden. Zumindest nicht, wenn das Wasser aus dem Schlauch und nicht aus der Kanne kommt. Für uns ist das echt doof. Ausgerechnet jetzt, da unser Haus zum Verkauf steht und immer wieder Interessenten vorbeikommen, um sich das gute Stück anzusehen, sieht unser sonst so gepflegter Wimbledon-Rasen aus, als hätte eine Horde von Wildschweinen darauf Rugby gespielt. Braun und voller Löcher. Das Gras schreit förmlich nach Wasser. Nur: Die Gemeindeverwaltung hat uns den Hahn abgedreht. Dass die Swimmingpools in der Nachbarschaft trotzdem immer bis zum Anschlag gefüllt sind und das Wasserverbot für sie offensichtlich nicht gilt, sei hier fast neidfrei und lediglich am Rande erwähnt. GRRRRHHHHH! Es gibt hier übrigens keine Wasseruhren. Das heißt, der Wasserverbauch wird nicht individuell abgelesen, sondern als Fixtarif mit der Haussteuer abgerechnet. Noch Fragen?

Sandstürme und Schlaglöcher so groß wie Liechtenstein

Unsere Dorfstraße: Kein Wasser, viel Staub.

Überhaupt kommen mir kanadische Bürokraten manchmal vor wie Regisseure von einem anderen Stern. Die Straße, die zu unserem Haus führt, ist nicht geteert, eine unbefestigte Dorfstraße also. Das wäre nicht weiter schlimm, denn wir wussten ja beim Hauskauf, worauf wir uns einlassen (auch wenn uns schon seit 20 Jahren versprochen wird, die Straße zu teeren). Was mich wirklich zur Weißglut bringt, ist der Zustand dieser unbefestigten Straße. Man wird ja bescheiden mit der Zeit. Aber Schlaglöcher so groß wie Liechtenstein gehören verboten. Sie machen nicht nur die Stoßdämpfer an unserem armen Smart kaputt, sondern auch meine Nerven. Und sind es nicht das Bewässerungsverbot und die Schlaglöcher, dann ist es der Staub, der uns die Sicht vernebelt.

Danke, Gemeindeverwaltung!

Ganz besonders schlimm wurde es nach der Trockenperiode der letzten Wochen. Jedes Mal, wenn ein Auto durch unser Wohngebiet fährt, sieht es aus wie nach einem Sandsturm in der Sahara. Anrufe, Mails, Briefe, persönliche Gespräche – all das beeindruckt die Gemeindeverwaltung nicht wirklich. Warum auch? Das Rathaus liegt an einer fein geteerten Straße. Und die Blumenrabatte davor kommen mir immer frisch gewässert vor.