Montréal: Summer in the City

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Das Montréaler Jazzfestival ist das beste der Welt. Das behauptet nicht etwa einer wie ich, der sich hin und wieder ein Konzert anhört. Der Superlativ kommt gleich von einer ganzen Reihe von Musikern, die jahraus, jahrein von einem Festival zum anderen ziehen und dabei natürlich auch Stopps in Montréal einlegen: Diana Krall, B.B. King. Pat Metheny, Charlie Haden, Al Jarreau, um nur einige zu nennen.

Es ist ja auch etwas Großartiges, dieses „Festival International de Jazz“. Die vielen Bühnen, die zehn Tage lang aus der Stadt meines Herzens ein einziges Open-Air-Festival machen. Die Essbuden, die alles von Thai-Food bis zur Québecer Nationalspeise Poutine anbieten. Die zwei Millionen Menschen, die an lauen Sommerabenden von einem Konzert zum anderen bummeln – viele davon umsonst.

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Beeindruckend finde ich jedes Jahr, wie sich völlig unbekannte Montréaler Gruppen an den Rockzipfel der Großen hängen und auf ihre Art zur Festivals-Atmosphäre beitragen. Eine vierköpfige Girlie-Band zum Beispiel, die auf der Place Jacques Cartier am Alten Hafen als A-Cappella-Gruppe auftritt und die überschaubare Menge mit französischen, englischen und spanischen Songs begeistert.

Die beiden Jungs, die mit Minimalbesetzung einen großartigen Sound aus ihrer kleinen Verstärkeranlage herausholen und alles, von Adèle bis David Bowie spielen. Alles, was sie dazu brauchen, sind eine Akustikgitarre und ein zum Bongo umgebauter Hocker (Cajón, siehe Kommentar. Danke!). Und natürlich ihre Stimmen. Die sind so fantastisch, dass man geneigt ist, lieber ihnen zuzuhören als den Großen Namen, die zeitgleich einen Kilometer stadteinwärts vor zigtausend Besuchern in der City auftreten.

>>> VIDEO: Zwei Jungs. Kein Name: Wackel-Video aus der Handycam <<<

Eine Dreier-Combo ist mir schon letztes Jahr aufgefallen. Klassische Beat-Besetzung mit Akustik-, Sologitarre und Bass:

>>> VIDEO: Drei Gitarren, tolle Stimmen: Noch eine No-Name-Band  <<<

Drei Kerle, die den Fußgängerverkehr in den Arkaden vor der „Hudson’s Bay Company“ an der Rue Ste. Catherine zum Stillstand bringen. Eine weitere namenlose Band, ohne Website, ohne organisierte Gigs, die sich Montréal als Bühne ausgesucht hat. Das Spaßmodell einer großen, großartigen Stadt.

Summer in the City: So liebe ich mein Montréal!

>>>  VIDEO: Auf der Hauptbühne: Morgan James & Band (USA)  <<<

Palma heizt dem Winter ein

bannertanzSo also sieht ein winterlicher Sonntagnachmittag in Palma aus: Da trifft sich eine Folkloregruppe in der Fußgängerzone, packt ihre Instrumente aus und spielt, was das Zeug hält. Es dauert nicht lange, da tanzen 30, 40 Paare zu den Klängen der Musik. Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Alte.

Die Tanzschritte sehen kompliziert aus. Ich vermute mal, dass sie Kindern schon in der Schule beigebracht werden. Die meisten der Instrumente, mit der die Folkloreband auftritt, kennt man auch in unseren Breitengraden: Ukulele, Gitarre, Bass und Querflöte. Beeindruckend ist der Gesang, der dem Rhythmus der Instrumente oft um Millisekunden vorauszueilen scheint. Hören und sehen Sie selbst. Hier geht’s zum Video.

Die Menschen, die an diesem Sonntagnachmittag für dieses Spektakel in die Fußgängerzone gekommen sind, tanzen, lachen, klatschen und versprühen eine Lebensfreude, dass es einem vor Rührung die Tränen in die Augen treibt.

Screen Shot 2013-02-24 at 5.37.19 PMDie Band verteilt Kastagnetten – und schon bald wird aus dem Prachtboulevard Paseo del Born, mit all seinen Edel-Boutiquen, ein wunderschöner Ballsaal. Im Schatten des königlichen Palastes und der Kathedrale wirkt das spontane Spektakel geradezu majestätisch.

Und weil auch das Wetter mal einen schlechten Tag hat, ist es für mallorquinische Verhältnisse heute ausgesprochen kühl. Manche tanzen mit Mütze und Schal. In den Bergen hat es sogar geschneit. Aber als kälteerprobte Kanadier empfinden wir Temperaturen um die zehn Grad wie eine frische Brise an einem Frühlingsmorgen.

Heute hauen wir auf die Pauke

Um das Gras wachsen zu hören, kommt man nicht hier her. Dafür ist es zu laut. Wem aber nach Gras zumute ist, das nicht an jeder Ecke wächst, ist hier richtig. Beim „TamTam“ drückt selbst die Montréaler Polizei ein Auge zu.

Jeden Sonntag jammen am Fuß des Mont-Royal Bongospieler, Saxplayer und Waschbrettartisten – manchmal sogar mit dem gleichnamigen Bauch dazu. Ob mit oder ohne Instrument, kopfstehend oder hulahoopend – egal. Selbst Twist and Shout ist hier erlaubt. Eine Gruppe von Potheads und anderen Spaßvögeln hatte 1978 mit den Jamsessions begonnen. Seither ist das sonntägliche Happening Kult in Montréal. Selbst der Michelin-Reiseführer kam nicht umhin, das schräge Treiben am Fuß des Berges aufzulisten.

Finanzbeamte und Späthippies, Studentinnen und Mamis mit und ohne Kinder – hier darf jeder mal ausflippen. Und weil Trommeln nun mal zum Handwerk gehört, fingen vor ein paar Jahren pfiffige Verkäufer damit an, auf einem Nebenschauplatz Batikshirts, Haschischpfeifen, Seidentücher und Gehäkeltes zu verkaufen.

Die Räucherstäbchen und Peace-Ketten passen zum Datum: Dieser 11. September 2011 steht für den Frieden. Wie die Stimmung am George-Étienne-Cartier-Monument war, erfahren Sie mit ein paar Mausklicks.

          Kurzes Video von gestern Nachmittag