Tschüss Winter! Hola Mallorca!

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Die Proseccoflaschen sind entsorgt, sämtliche Neujahrsanrufe erledigt. Unser Winterquartier in Palma ist angerichtet. Mallorca, wir kommen!

Schwer gefallen ist mir der Abschied vom kanadischen Winter noch nie. Wer mehr als 30 Jahre lang schlimme Schneestürme und Dutzende von Stromausfällen erlebt hat, weil die Überlandleitungen mal wieder unter den Eismassen zusammengekracht sind, der entwickelt im Laufe der Jahre ein ziemlich unromantisches Verhältnis zum Winter.

Ohnehin scheint es der alte Mann dieses Jahr besonders eilig zu haben, so als würde er uns dafür bestrafen wollen, dass wir den Spieß umdrehen und IHM die nächsten vier Monate die kalte Schulter zeigen. Ich kann mich nicht daran erinnern, in all den Jahren schon so früh in der Saison solche extremen Temperaturen und Schneemengen erlebt zu haben.

Ein Silvesterfeuerwerk bei minus 25 Grad vergisst man nicht so schnell. 50 000 bibbernde Menschen können nicht irren: Schön war die Party auf dem Place Jacques Cartier in Alt-Montreal allemal. Aber jetzt ist gut. Der Winter hat sich selbst entzaubert. Das hat er nun davon.

Von morgen an gibt’s statt Donuts mallorquinische Ensaimada und der Wein in unserer Stammbar in Palma kostet noch immer 1.80 Euro, während wir hier, in der teuersten aller kanadischen Provinzen, mit 9 Dollar pro Glas abgezockt werden.

Wenn wir Snowbirds im Mai nach Kanada zurückkehren, werden die Schneeberge in St. Henri vor der Frühlingssonne in die Knie gegangen sein. Dann werden das Kanu poliert und die Räder gesattelt. Kanada kann ja so schön sein.

Vorausgesetzt es ist Frühling, Sommer und Herbst.

38 Grad: Der kleine Unterschied

banner_neuWinter ade. Scheiden tut überhaupt nicht weh. Bei der Ankunft in Palma wird es laut Wetterbericht am Freitag 19 Grad haben. In Montreal auch. Zwischen 19 Plus und 19 Minus liegen 38 Grad. Wenn wir im Mai aus Mallorca zurück kommen, wird es auch in Kanada endlich nach Frühling riechen. Hoffentlich.

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Wetter in Palma

Wer mitten im kanadischen Winter für drei Monate in die Sonne geht, muss erst mal schwitzen und organisieren. Zum Beispiel das leidige Thema „Auslands-Krankenversicherung“. Allein die Kosten dafür hätten leicht für ein Upgrade in die 1. Klasse der Lufthansa gereicht.

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Wetter in Montreal

Hat eigentlich schon mal jemand die Krankenkassen wegen Altersrassismus verklagt? Bist du über 60, langen die Kassen richtig zu. Und wer glaubt, die „Rundumversicherung“ gelte tatsächlich rundum, irrt. Sollten sich bestehende Zipperlein dafür entscheiden, dich plötzlich im Ausland zu plagen: Pech gehabt. Dank einer „Ausschlussklausel“ sind die Kassen aus dem Schneider.

Aber all das ist gut zu ertragen, wenn die Alternative zu Schnee und Eis heißt: Palmen, Sonne, Mittelmeer. Durch die Gnade des Internets haben wir auch auf Mallorca die Möglichkeit, ganz normal unseren diversen Jobs nachzugehen. Nur dadurch wird so ein Tapetenwechsel überhaupt möglich. Auch fremdsprachlich sind wir diesmal besser gerüstet als in den vergangenen fünf Jahren. Dank eines wirklich empfehlenswerten Online-Sprachkurses werde ich hoffentlich nie mehr den Fehler begehen, eine mit Wurst belegte Ensaïmada zu bestellen, wo ich doch gerne die gezuckerte Version gehabt hätte.

Paradies? Schon. Und trotzdem werde ich die Stadt meines Herzens vermissen: Die Montrealer Markthallen, meinen Lieblings-Thailänder, die tollen Kinos, die Freunde, Spaziergänge im Schnee. Obwohl: Tolle Märkte gibt es auch in Palma. Und statt eines Spaziergangs im Schnee tut’s zur Not auch eine Strandwanderung.

Palma, wir kommen!

„Snowbirds“: Karibik statt Kälte

Im Januar wird der Kanadier zum Zugvogel. Er reist nach Florida und Mexiko, in die Dominikanische Republik, nach Kuba, Costa Rica oder auch Hawaii. Scharen von Rentnern verbringen den ganzen Winter im Süden. Normalsterbliche, die noch in Arbeit und Brot stehen, bleiben eine Woche oder auch zwei. Selten mehr, denn die meisten Kanadier müssen sich mit zwei bis drei Wochen Jahresurlaub begnügen.

Der Winter in Kanada, sieht man einmal von der Pazifikprovinz British Columbia ab, bedient jedes Klischee: Er ist lang, dunkel, kalt und teuer. Bei minus 25 Grad macht selbst eingefleischten Wintersportlern das Skifahren keinen Spaß. Wer kann, packt deshalb die Koffer und zieht den Singvögeln nach. „Snowbirds“ werden die Kanadier genannt, die das kalte Klima dick haben und lieber Sandburgen statt Iglus bauen.

Winter in Kanada ...

Unser früheres Vermieter-Ehepaar, ältere Leute, die nach dem Krieg von Thüringen nach Kanada ausgewandert waren, packte jedes Jahr pünktlich zu Weihnachten ihre Koffer. Im Auto legten sie dann die zweieinhalbtausend Kilometer von Montréal nach Miami zurück. Wir als Untermieter hatten dann jeweils das zweifelhafte Vergnügen, die steinerne Nofretete in unserer Wohnung aufzubewahren, Blumen zu gießen und Post nach Florida nachzuschicken. Zweimal haben wir unsere Vermieter in Miami besucht. Und waren erstaunt, mit wie wenig Komfort diese Menschen zufrieden waren, nur um dem kanadischen Winter entfliehen zu können.

Dafür aber hatten sie es immer herrlich warm. Sie konnten mit Dollars bezahlen wie zu Hause. Konnten ihre Geldgeschäfte in kanadischen Banken abwickeln und vertraute Lebensmittel im Supermarkt kaufen. Sie konnten ihre Sprache sprechen und kanadische Tageszeitungen druckfrisch lesen. Und wenn es dann unbedingt sein musste, fand sich immer ein Restaurant, das die Québecer Nationalspeisen „Poutine“ oder „Smoked Meat“ serviert – ganz wie daheim in Montréal. Ein bisschen ist North Miami Beach für viele Québecer wie Mallorca für Deutsche. Nur ohne Ballermann. Wobei auch der im Winter kein wirkliches Thema ist.

... und in Havanna

Auch wir haben viele Winter im Süden verbracht. Mit die schönsten Erinnerungen habe ich an Kuba. Wer nicht des Essens wegen in Urlaub geht, wird begeistert sein. Die kubanischen Strände in der Gegend von Varadero sind zauberhaft. Wem das Beachbum-Dasein zu eintönig wird, setzt sich in den Bus oder mietet ein Privattaxi, um sich nach Havanna kutschieren zu lassen. Der morbide Charme dieser Stadt fesselt jeden, der sich nach Exotik sehnt.

Von Québec aus sind die meisten karibischen Inseln so einfach zu erreichen wie die Kanaren von deutschen Flughäfen aus. Keine Frage: Die Karibik ist ein wunderbares Reiseziel, um Schneestürme, Eisregen und bitterkalte Kanada-Tage hinter sich zu lassen. Aber für uns, die wir seit 30 Jahren hier leben, hat die Faszination der Karibik gelitten. Vieles ist wie in Kanada. Nur mit Palmen. Wir haben uns deshalb neu verliebt. In Europa. Mallorca, wir kommen!